Ich schwirre durch Zeit und Raum, schwerelos,
körperlos. Wobei Zeit und Raum gar
nicht existieren. Aber wie soll ich euch sonst näher bringen, was ich gerade
mache?
Ich
bin nur Seele und ich fühle, es ist wichtig, wieder auf die Erde zu kommen, um
etwas für meine Gesamtexistenz zu lernen. Diesmal möchte ich wirklich lernen,
mich verbessern und meinen neuen Wegbegleitern nicht so weh tun wie den alten.
Einfach probieren, ein angenehmerer Mensch zu werden, als im letzten Leben.
Erneut einen Körper haben, zu fühlen und zu hoffen. Ich will keine Dimensionen
durchbrechen, nicht sehen, wie ich mich entwickle, sondern einfach alles auf
mich zukommen lassen.
Ein Menschenkind sein mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft,
so wie ihr Erdenbürger auch empfindet. Zeitformen als Norm annehmen, um Chaos
zu vermeiden. Oder denkt ihr etwa, wenn eine materialisierte Gemeinschaft ohne
Zeitnorm leben wollte, dass es da kein Chaos gäbe? Glaubt mir, es würde nichts
mehr funktionieren ohne gewisse Spielregeln auf diesem Planeten. Aber ich bin
gerne bereit, möchte diese auf mich nehmen, um endlich abermals mit einem
Körper zu leben.
Ich empfinde Freude daran, neu und unverbraucht anzufangen, weg
vom Einheitsbrei der Seelen um mich herum. Auch sie streben zum Großteil ihre
baldige Wiedergeburt an. Es ist hier so langweilig, nur zu sein, ohne etwas zu
tun, ohne Schicksal und Aufgabe. Die meisten Seelen hier freuen sich darauf,
weiter zu lernen. Wir alle wollen vorankommen, höher entwickelte Wesen werden,
aber das gelingt erst, wenn man den Erdenprozess gut abgeschlossen hat. Und das
kann dauern!
Die Höheren Formen haben mir bei meiner Vorbereitung auf das
kommende Erdendasein geholfen. Ich habe die letzte menschliche Phase
verarbeitet und meinen ganz persönlichen Sinn für mich heraus gefiltert. Es ist
wichtig, dass dieser Vorgang nicht zu früh unterbrochen wird, denn sonst ist
man zu unvollkommen für eine Wiedergeburt. Was ich daraus gelernt habe, wird
sich weisen, denn mit der Anstrengung des wiedergeboren Werdens wird alles, was
ich bisher war, abgespeichert. Tief drinnen in mir wird es verweilen, bis ich
teilweise Gelerntes bei Handlungsbedarf abrufen kann, ohne eine gegenständliche
Erinnerung daran zu haben.
Es macht mir Spaß, mich mit euch zu unterhalten und ich werde
euch noch vieles erklären, was da so abläuft in der Zwischenphase. Doch nun
brenne ich darauf, der Erde näher zu kommen und mir passende Eltern
auszuwählen.
Ich habe durch meinen Reifungsprozess einen guten Ausgangspunkt.
Ich darf mir ein schönes, wirtschaftlich gutes Land aussuchen und meine Eltern
selbst wählen.
Diesen Start haben mir die Höheren Formen zugesichert und ich
bin sehr froh darüber. Man muss dafür gewisse Kriterien erfüllen und ich habe
mich mit meinem Charme
durchgeschummelt. Den habe ich bestimmt, ihr werdet schon noch sehen! Vielen
meiner Mitseelen geht es da erheblich schlechter, wenn sie in Hunger und Not
hineingeboren werden, zu Eltern kommen, die sie nicht wollen oder als Mittel
zum Zweck benutzen. Das ist natürlich besonders schlimm, aber ihr müsst das so
sehen, dann brauchen diese Seelen dieses spezielle Schicksal, um für sich
Verschiedenes zu erkennen. Keine Vorsehung passiert aus einer Laune heraus,
alles ist besiegelt und hat seine Richtigkeit.
Also ehrlich, ich habe mir diesen erfreulichen Ausgangspunkt
praktisch nicht verdient, denn mein letztes Leben war alles andere als empfehlenswert.
Ich war nicht das, was ihr unter einem guten Menschen versteht. Aber gäbe es
nur gute Menschen, wäre gut so neutral, dass es sich aufheben
würde, denn dann existierte keine Polarität.
Polarität ist unser Begleiter seit dem Sündenfall. Denn ohne
Gegensätzlichkeit könnten wir nicht lernen, Negatives ins Positive abzuwandeln.
Weder wir Seelen noch ihr Menschen seid eine Ganzheit, denn wären wir
ganzheitlich heil, würden wir uns bereits in einer anderen Dimension befinden
und nicht mehr unseren Schwächen ausgeliefert sein. Ihr müsst in jedem Leben
einen Lernprozess sehen. Je besser ihr euer Leben gestalten könnt, um so größer
ist der Puzzle-Stein, den ihr aus dieser Lehre mitnehmt ins nächste Leben.
Ich werde euch gerne, wenn ihr es wollt, künftig von meinen
Erfahrungen berichten und wie dieses und jenes bei mir da drüben so abgeht.
Lasst mich einfach eine kurze Etappe euer Wegbegleiter sein. Es macht mir Spaß,
mit jemandem zu kommunizieren und euch zum Nachdenken anzuregen.
Jedenfalls bekomme ich von den Höheren Formen das
Einverständnis, mein nächstes Leben positiv beginnen zu können. Ich habe jedoch
die erschwerende Auflage erhalten, dass ich etwas aus diesen Vergünstigungen
mache, denn sonst muss ich in meiner seelischen Unvollkommenheit im darauf
folgenden Leben Buße für meine Unreife tun. Aber Leute, ich denke, ich bin
schon fit wie ein Turnschuh für meine neue Aufgabe und ich werde es schaffen.
Ich habe keine Zweifel an mir. Ein bisschen Egoismus gehört zum Leben und auch
zur Vorstufe, wenn man wieder existieren will.
Jetzt will ich es nicht länger spannend machen, wir wollen
immerhin mehr zusammen erleben, als dass ich euch nur lange Monologe über das
Jetzt und Hier oder über Polaritätsgesetze und Ganzheitsideale halte. Also schnallt
euch bildlich an. Ich verlasse meine Schattenwelt und schwirre zu euch auf die
Erde. Nichts kann mich mehr von meiner Elternsuche abhalten
- hurra!
Helfried zündete eine Kerze
an und stellte sie in den schmiedeeisernen Grablichtbehälter. Er konzentrierte
sich, ein Gebet zu murmeln, aber was sollte er beten und zu wem sollte er
beten? Zu Gott? Wer war dieser Gott, dem er früher so vertraute, mit dessen
Glaubensbild er aufwuchs und der ihn immer, wie er meinte, unauffällig
begleitete?
Er hatte jeden Glauben an diesen Gott und an die Religion
verloren. So verloren, wie vor einigen Wochen seine schwangere Frau.
Nebelhaft waren die Erinnerungen an den schrecklichen Unfall,
der ihm binnen Sekunden seine geliebte
Frau und sein ungeborenes Kind raubte.
Corinna stand in der
Blüte ihres Lebens, als sie abberufen wurde. Warum konnte er nicht eine Minute
später in die Kurve fahren? Dann wäre der betrunkene Kerl ungebremst an die
Mauer gekracht, so aber in Helfrieds Wagen, der frontal nach rechts weggeschleudert
wurde. Helfrieds kleines Auto hatte keine Chance, der Mauer zu entgehen, so wie
Corinna keine Chance hatte, dem Tod zu entkommen.
Einschnitte binnen Sekunden in eine sorglose Partnerschaft. War
ihre Beziehung zu perfekt? Jahrelang glücklich leben und als Krönung noch das
ersehnte Kind erwarten, war das zu hochtrabend für diese verlogene Welt, wo
alle Menschen mit Problemen überschüttet wurden? Darf auf diesem Strafplaneten
kein Mensch saturiert leben, ohne Zoll für seine Zufriedenheit zahlen zu müssen?
Corinna, das Mädchen aus seiner Kindheit, dem er den ersten
Wiesenblumenstrauß pflückte. Wie sie strahlte und auch die Eltern der beiden,
die gut befreundet waren.
Dann die Trennung, als er ins Internat kam und sie in die
Grundschule im Ort, wo beide geboren wurden, ging. Immer wieder
freundschaftliche Briefe und Treffen in den Ferien.
Aus dem sommersprossigen, zarten Kind wurde mit den Jahren eine
attraktive Landschönheit. Helfried spürte am eigenen Leib, welche Emotionen
Liebe mit sich brachte. Es befiel ihn Scheu, mit dem Mädchen weiter schwimmen
zu gehen oder herumzualbern. Das Elektrisieren, wenn er ihre Haut streifte. Die
Feuerwehrfeste, die sie zusammen mit anderen Jugendlichen besuchten. Helfried
beharrlich in ihrer Nähe, eifersüchtig wachend über die Blicke der anderen
Burschen. Alle glaubten schon, Corinna und er gingen miteinander, zu einem
Zeitpunkt, wo die beiden Jugendlichen noch lernen mussten, mit ihren Gefühlen
klar zu kommen.
Sie konnten nicht weiter nur Freunde sein, denn die Triebe der
Liebe nahmen sie anwachsend gefangen. In ihren Blicken lag mehr, als sie mit
ihren Körpern auszudrücken wagten. In ihren Träumen hatten sie den Schritt
schon lange getan, den sie in der Realität noch vor sich hatten.
Dann endlich der erste Kuss, die Erlösung aus der Ungeduld, die
sie beide beherrschte. Es folgten Berührungen, die nichts mehr mit ihren alten
Hautkontakten zu tun hatten. Danach schenkte sich Corinna in diesen
unvergesslichen Ferienmonaten ihrem Helfried. All ihre Sehnsüchte und Instinkte
entluden sich über dem Paar und nach diesem Sommer waren sie im Inneren Mann
und Frau und nichts sollte sie mehr trennen und nichts
in mehr so sein, wie es
vorher war...
... Somit verlagerte sich Helfrieds Zorn auf Gott. Es war für ihn
schwer, nicht mehr zu glauben, denn wenn er keine Hoffnung mehr hatte, dann gab
es auch keine Hoffnung für Corinna. Noch Jahre würde Helfried brauchen, um die
Erkenntnis des Lebens zu verstehen. Derzeit stand er am Anfang, unwissend und
voller Zweifel an allem Unbegreiflichen...
...Das erste Mal verspürte Helfried so etwas wie Befriedigung bei
dem Gedanken zu wandern, so weit ihn die Füße trugen und wenn er danach in
seiner Wohnung sein würde, endlich zu schlafen. Vor Erschöpfung zu schlafen und
nicht als Ergebnis der Schlaftabletten, die er jeden Abend zu sich nahm.
So fing er an zu gehen, ging, an Häuserzeilen vorbei. Die
Akustik war verschieden. Fernsehlärm und Musik, Lachen und aufgebrachte Stimmen
klangen an sein Ohr. Welche Schicksale sich wohl hinter diesen Fenstern und
Fassaden verbargen? Quer durch die Stadt führte ihn sein Weg hinaus aus den
Randbezirken, bis die letzten Stadtgebäude wie Spielzeughäuser im Hintergrund
verschwanden.
Mattheit befiel seinen Körper und doch tat ihm die kühle
Abendluft gut, die die Schwüle des Sommertages von ihm nahm. Das erste Mal seit
dem Unfall fühlte er, es tat ihm etwas gut. Er hatte die letzten Wochen nichts
gespürt außer diesen Schmerz, der ihm das Herz zu zerreißen drohte. Er wollte
am liebsten auch sterben, am besten an gebrochenem Herzen. Aber er starb nicht
und so musste er versuchen, weiterzuleben. Wofür auch immer. Es war seine
Aufgabe, noch nicht des Todes Erlösung kennenlernen zu dürfen. Er würde sein
Schicksal wie Hiob tragen, vielleicht war alles eine Prüfung von diesem Gott,
an den er nicht mehr glaubte.
Helfried gelangte in immer satteres Grün, ließ die Stadt weit
hinter sich, nachdem er sie fast zur Gänze durchquert hatte. Er schlug den Weg
zu einem Badeteich ein...
...Helfried ließ sich auf eine Bank fallen und schaute auf das
ruhige Gewässer vor sich. Er zog die Schuhe aus, die Zehen schmerzten, die
engen Lederschuhe waren wohl nicht das richtige Wanderschuhzeug. Wie lange war
er schon unterwegs? Nachdem freitags immer Frühschluss war und er nach seinem
Friedhofsbesuch gleich losmarschierte, musste er schon einige Stunden gegangen
sein. Andererseits was spielte Zeit noch für eine Rolle? Einzig die Gegenwart
ertragen. Nicht an früher denken und Zukunft gab es sowieso keine für ihn. Es
blieb allein das Jetzt.
Es dämmerte bereits, aber er konnte noch die gegenüberliegende
Seite des Teiches gut erkennen. Bäume und Sträucher, die sich gegen den
leichten Windhauch wehrten. Gräser und Blumen, die nach unhörbarer Melodie
tanzten.
Es war direkt schön, hier zu verweilen, aber er hatte sich
selbst verboten, etwas schön zu finden. Schlechtes Gewissen kam in ihm hoch,
wenn er kurz eine Zufriedenheit in sich verspürte. Corinna konnte auch nichts
mehr schön finden oder zufrieden sein. Warum dann er? Schließlich waren sie
eine Einheit, jetzt fehlte ihm ein Teil seiner Hälfte, er war seelisch
verstümmelt.
Während er so vor sich hin sinnierte, überkam ihn eine angenehme
Müdigkeit. Das erste Mal seit Wochen dieses Gefühl, schlafen zu wollen. Das
erste Mal ohne Tabletten, nicht künstlich das Notwendige herbeiführen. Einfach
hier ruhen.
Es war ihm, als würde Corinna sanft über sein Haar streicheln,
eine Brise Wind schenkte ihm diese Illusion. Er schlief traumlos ein.
Schreie drangen an Helfrieds Ohr. Langsam fing er auf der harten
Bank an, sich zu regen. Endlich war er wach, was plagte ihn für ein Albtraum?
Hatte Corinna nach ihm geschrien?
Wo befand er sich bloß? Allmählich nahm er seine Umgebung zur
Kenntnis. Es war Nacht und seine Füße taten weh. Ach ja, er hatte diesen langen
Spaziergang gemacht, landete hier bei
diesem Badeteich, den er mit Corinna des Öfteren aufsuchte.
Er hörte neuerlich Schreie. Also kein Albtraum. Helfried sprang
auf und lief die Böschung zum Teichrand hinunter. Er sah die Silhouette einer
Person im Wasser wild um sich schlagen, gurgelnde Schreie, Hilferufe. Helfried riss sich die Oberbekleidung vom
Leib, während er das Ufer erreichte. In Unterwäsche hechtete er ins Wasser und
schwamm fast bis zur andere Seite des Teiches. Mit kräftigen Bewegungen kam er
der Stelle näher, wo ein Mensch dabei war, den Kampf gegen das kühle Nass zu
verlieren. Das Gewirr aus Armen, Beinen und Wasserfontänen verlor an Höhe...
Gerade bewege ich mich dort,
wo ihr sicher noch nicht sein wollt. Für mich ist es derzeit mein Zuhause, denn
ohne Körper habe ich nichts auf der Erde verloren, höchstens ich bin dort in
einer wichtigen Mission unterwegs, so wie zum Beispiel wegen meiner Eltern.
Aber im Großen und Ganzen habe ich mich noch hier, ihr würdet es
als Jenseits bezeichnen, aufzuhalten, bis ich mich materialisieren kann.
Übrigens, mit dem Wort Jenseits habt ihr nicht unrecht, obwohl
es in euren Vorstellungen so einen bitteren Beigeschmack hat. Die Bezeichnung
ist insofern richtig, denn wenn ihr euch im Diesseits befindet, so stellt ihr
euch den Fortbestand eurer Seelen im Jenseits vor. Da ist abermals die
Polarität. Das Spielchen könnten wir von meiner Seite aus in gleicher Weise
umdrehen. Ich könnte behaupten, ich befinde mich im Dieseits und ihr euch im
Jenseits, so ist das von meiner Perspektive aus ebenfalls richtig.
Tatsächlich existieren wir in Parallelwelten und man kann
natürlich nicht sagen, wir befinden uns ober oder unter euch. Vergesst Himmel
und Hölle, die gibt es ausschließlich in eurer Fantasie.
Den Himmel oder die Hölle macht ihr euch selbst, und genau das
wollen eure Religionsbücher auch mitteilen. Erfüllt ihr in eurem Leben all die
Kriterien, die für euren Lernprozess wichtig sind, dann werdet ihr das nächste
Mal in ein für euch gutes Leben einsteigen können, das ist als Himmel zu
bezeichnen.
Oben ist für euch immer gut und hell. Die Polarität befindet
sich nach eurem Ermessen unter euch, also habt ihr nichts gelernt in eurem
Leben, dann werdet ihr dort weitermachen, wo ihr euer Curriculum unterbrochen
habt. Das könnt ihr mitunter als Hölle bezeichnen.
Wie gesagt, Himmel und Hölle seid ihr selbst für euch. Kein Opfer
und kein Täter ist schlecht oder gut, jeder durchlebt seine Aufgabe. Je mehr
ihr das begreift, umso eher könnt ihr Gefühle wie Hass, Rache, Verachtung oder
Missgunst in eure persönliche Gegensätzlichkeit bringen. Das heißt nicht, dass
ihr eure Feinde lieben sollt. Begegnet ihnen mit Gleichgültigkeit und ihr
werdet spüren, dass eure Energien nicht mehr Blockaden unterlegen sind. Ihr
könnt eure Lebenskraft für wichtigere Dinge verwenden und lernt dadurch
schneller, Zusammenhänge zu begreifen.
Jetzt werdet ihr sagen, das ist leichter
gesagt als getan und da muss ich euch recht geben. Ich habe gleichfalls
Schwierigkeiten damit, darum dränge ich darauf, bald geboren zu werden, um neu
anzufangen...
...Vor circa einem Monat hatte Helfried das Aquarellmalen für sich
entdeckt. Es war einfach eine Leere in seinem Leben entstanden. Er sehnte sich
mit seinem ganzen Herzen und natürlich auch mit seinem Körper nach Corinna,
aber das brachte sie nicht mehr zurück. Durch einen Fernsehbericht war er
darauf gestoßen, sich selbst durch eine Maltherapie zu helfen. Er war mit
Feuereifer an die Sache gegangen und hatte sich ein Buch, mit dem man Schritt
für Schritt die Aquarellmalerei erlernen kann, gekauft. Danach fand er richtig
Spaß daran, sich in einem Spezialgeschäft über Farben, Pinsel und Papier
beraten zu lassen. Er ging gerne in dieses Geschäft und erstand Stück für Stück
neue Farben und Malutensilien.
Er hatte auch schon seinen ganz persönlichen Anfangserfolg für
sich verbucht. Nach zwei belanglosen Bildern hatte er Corinna auf der Weltkugel liegend, gemalt.
Zugegeben, sein Werk war vermutlich für andere Betrachter ein wenig
surrealistisch, doch für ihn war es seine bisher kreativste Tat und er war
stolz darauf. Jetzt hing Corinna auf der
Weltkugel im Schlafzimmer und er liebte es, in dem Bild zu versinken.
Corinna war seine Welt und das würde sie auch ewig bleiben...
...Er war besessen von der Idee, in ein paar Jahren eine
Ausstellung zu veranstalten, auf welcher er alle seine Corinnabilder der
Öffentlichkeit zeigen wollte. Corinna sollte sein Lebenswerk werden und wäre es
zweifellos geworden, hätte nicht eine Seele egoistischerweise Schicksal
gespielt...
...Jede Phobie kann man auch aufarbeiten, sobald man sich ihr
stellt. Nur ist es oft sehr schwer, herauszufinden, warum man den einen oder
anderen Knacks hat. Das werdet ihr wohl kennen, oder?
Denkt mal nach, wovor fürchtet ihr euch oder welche Reaktionen
könnt ihr euch einfach nicht erklären? Habt ihr Angst vor Feuer, vor Wasser,
vor Blitzen, vor Tieren, vor Menschenansammlungen oder vor ganz banalen Dingen,
die euch Überwindung kosten? Ihr könnt euch diese krankhafte Furcht nicht
erklären, weil in eurem derzeitigen Leben noch nichts Auffälliges mit dem
zusammenhängenden Auslöser passiert ist? Dann besteht durchaus die Möglichkeit,
dass ihr in einem früheren Leben böse Erfahrungen diesbezüglich machen
musstet...
...So viel zu diesen Situationsängsten aus früheren Leben. Ich
spüre gegenwärtig den Druck, ich kann mich nicht mehr genau konzentrieren und
der Weg zur Geburt liegt entschieden deutlicher vor mir. Ich habe Angst, durch
diesen Kanal zu gehen, auch das ist eine krankhafte Furcht von mir. Aber ich
weiß, ich muss da raus. Hoffentlich arbeitet meine Mum gut mit, damit ich
schneller diese Hürde nehmen kann...
...Oh Mann, vergesst mich nicht, es geht los, der Druck wird
stärker, ich brauche im Moment alle Kraft für die Geburt. Lebt wohl und
überdenkt, was ich euch erzählt habe. Betrachtet euer Leben. Die Kommunikation
wäre nicht vergebens gewesen, könnte ich euch einen kleinen Denkanstoß verpasst
haben.
Die Welt hat mich bald wieder!